Forschung von Prof. Sigrid Roßteutscher, PhD


The Rural-Urban Divide in Europe (RUDE)


Zunehmender Populismus und zunehmende Polarisierung verbunden mit abnehmender demokratischer Legitimität deuten auf eine Krise in europäischen Demokratien hin. Diese Krise hat eine regionale Dimension: ein politisches und vielleicht auch kulturelles Gefälle zwischen Stadt und Land. Das Projekt untersucht, ob und wie das Wohnen in der Stadt oder auf dem Land mit Unterschieden in Legitimitätsüberzeugung, sozialer Identität, der Wahrnehmung von Ungerechtigkeit und Bedrohung, politischen und sozialen Einstellungen und dem politischen Verhalten europäischer Bürger zusammenhängt. Es betrachtet “Democratic governance in a turbulent age”, demokratische Staatsführung in unruhigen Zeiten, aus verschiedenen Blickwinkeln. Zum einen befasst es sich mit dem Wandel von Identität und dessen Konsequenz für demokratische Staatsführung und politische Repräsentation. Stabile Konfliktlinien entstehen nur, wenn das Ringen um Identität von der Wahrnehmung sozialer Ungleichheit und unfairer Ressourcenverteilung begleitet ist. Zum anderen untersucht es die Rolle der Globalisierung: das zunehmende ökonomische Gefälle zwischen Stadt und Land führt zu einer Bedrohung des sozialen Status, die das politische Gefälle zwischen Stadt und Land weiter verschärft. Das Projekt wird eine breit angelegte vergleichende Studie zu allen europäischen Ländern mit einer eingehenden Analyse von fünf etablierten europäischen Demokratien kombinieren. Es wird bedeutende neue Befunde zu Unterschieden zwischen Stadt und Land in der europäischen Politik liefern, die es uns ermöglichen werden, die Folgen – und die Heilmittel – der gegenwärtigen Krise der Demokratie zu untersuchen und dabei sowohl Wissenschaftler als auch politische Entscheidungsträger als Zielgruppe anzusprechen.

Dieses Projekt ist Teil des NORFACE-Forschungsprogramms zu “Democratic Governance in a Turbulent Age”.

Internationale Kooperationspartner*innen: Christopher Claassen, University of Glasgow, UK; Markus Freitag, Universität Bern, Schweiz; Guillem Rico, Autonome Universität Barcelona, Spanien; Sonja Zmerli, Universität Grenoble, Frankreich

Projektleitung: Prof. Sigrid Roßteutscher, PhD zusammen mit Jun.-Prof. Dr. Kathrin Ackermann (Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Richard Traunmüller (Universität Mannheim)

Projektmitarbeiter*innen: Dr. Sascha GöbelAntonia Lang, M. A.

Laufzeit: 1.1.2021–31.12.2023

Förderung: Das Projekt „The Rural-Urban Divide in Europe (RUDE)“ wird gefördert durch das NORFACE Joint Research Programme „Democratic Governance in a Turbulent Age“ und kofinanziert durch die DFG und die Europäische Kommission über Horizon 2020 unter der Grant-agreement-Nummer 822166.

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Die Rolle von internalisierten Wirksamkeitsüberzeugungen für die Partizipation in Bildung und Politik


Aufgrund von sozialem Wandel, insbesondere Bildungsexpansion und Massenmigration, gab es in den letzten Jahrzehnten nicht nur eine generelle Zunahme an höherer Sekundärbildung, sondern es hat auch eine Rekonfiguration von sozialer Herkunft, Migrationshintergrund und der Positionierung im deutschen Bildungssystem stattgefunden: Mehr Jugendliche aus unteren sozialen Schichten oder mit Migrationshintergrund befinden sich in höheren Schulformen. Damit ergeben sich jedoch auch vermehrt Statusinkonsistenzen, z.B. für Jugendliche aus höheren Schichten mit einer weniger erfolgreichen Schulkarriere oder für schulisch sehr erfolgreiche Jugendliche mit Migrationshintergrund. In diesem Projekt untersuchen wir, wie solche widersprüchlichen Einflüsse der Familie und Schule die Wirksamkeitsüberzeugungen von Jugendlichen auf verschiedenen Ebenen (Individuum, Gruppe, System) beeinflussen, d.h. ihre Vorstellung davon, was sie als Individuum, als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe sowie innerhalb eines gesellschaftlichen Systems erreichen können. Wir sehen Schulen hierbei als zentral an, da Jugendliche nicht nur viel Zeit in der Schule verbringen, sondern hier auch ihre ersten Erfahrungen mit einer gesellschaftlichen Institution und deren Repräsentanten (den Lehrkräften) machen und lernen, wie sie und ihre Gruppe in diesem System behandelt werden. Wir gehen davon aus, dass diese Erfahrungen nicht nur die Wirksamkeitsüberzeugungen im Bereich Bildung prägen, sondern auch auf andere Bereiche wie die Politik übertragen werden und daher auch das Verhalten in verschiedenen Lebensbereichen beeinflussen. Konkret untersuchen wir 1.) wie ein privilegierter vs. benachteiligter Familienhintergrund (gemessen durch soziale Herkunft und Migrationshintergrund) mit einer (weniger) erfolgreichen Bildungskarriere interagiert, um die Wirksamkeitsüberzeugungen von Jugendlichen im Bereich Bildung zu beeinflussen, 2.) ob und wie diese in der Schule entwickelten Wirksamkeitsüberzeugungen auf den Bereich der Politik übertragen werden, und 3.) wie sich diese Wirksamkeitsüberzeugungen auf das tatsächliche Verhalten auswirken (d.h. auf Bildungsentscheidungen und politische Partizipation).

Wir untersuchen diese Fragestellungen, indem wir eine eigene Datenerhebung (als Teil des RISS Internalization Surveys) mit der Analyse existierender Paneldaten verbinden. Die Fragestellungen 1 und 2 werden mit den Daten des RISS Internalization Surveys untersucht, wobei wir eine Online-Befragung von Jugendlichen planen. Die Umsetzung von Wirksamkeitsüberzeugungen in späteres Verhalten (Fragestellung 3) wird sowohl anhand von Sekundärdaten untersucht als auch auf Basis eines Panel-Designs.

Projektleitung: Prof. Dr. Birgit Becker, Prof. Sigrid Roßteutscher, PhD

Projektmitarbeiterin: Dr. Susanne Garritzmann

Laufzeit: 1.10.2021–30.09.2025

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Dieses Projekt ist Teil der DFG-Forschungsgruppe RISS / FOR 5173. Weitere Informationen zu RISS

Ausschreibung einer Stelle als Predoc in diesem Projekt

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Der Einfluss von Sozialstruktur, Diskriminierung und Gewalt auf Muslime in Deutschland


In Wissenschaft und Öffentlichkeit findet die Frage der Religiosität und religiöser Identitäten von Muslimen in Westeuropa zunehmende Aufmerksamkeit. Allerdings wissen wir trotz extensiver Forschung noch sehr wenig darüber, warum sich religiöse Traditionen in dieser Gruppe so wenig verändern. Eine dominante Erklärung lautet, dass muslimische Religiosität eine Reaktion auf Diskriminierungs- und Exklusionserfahrungen durch die Mehrheitsgesellschaften ist. Allerdings erfahren muslimische Individuen nicht nur häufig Alltagsdiskriminierung, sondern werden auch Opfer sehr viel massiverer und zunehmender Formen der Xenophobie: Gewalt- und Terrorakte, die willkürlich auf Muslime zielen. Gleichzeitig befeuert radikal-islamistischer Terror diese Gewaltspirale. Gefangen zwischen Terror durch radikalisierte Teile der muslimischen Bevölkerung und islamophoben Angriffen aus der Mehrheitsgesellschaft, geraten insbesondere säkulare Muslime von beiden Seiten unter Druck.

Erstaunlicherweise gibt es kaum Forschung zu der Frage, wie diese doppelte Bedrohung auf Muslime in Deutschland wirkt. Dieses Projekt macht diese Forschungslücke zu seinem Ausgangspunkt: Wie verändert religiös motivierte Gewalt religiöse Identitäten? Wie beeinflussen Identität, Diskriminierung und Gewalt zivilgesellschaftliche und politische Beteiligung? Variieren die Reaktionen in Abhängigkeit von der sozialen Position eines Individuums? Prozesse sozialer Mobilität haben die Sozialstruktur der deutschen Gesellschaft nachhaltig beeinflusst. Dies gilt auch für die in Deutschland größte Gruppe der Muslime, sogenannte türkischstämmige „Gastarbeiter“. Heute besetzen Muslime in Deutschland unterschiedlichste Positionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Religion ist daher nur noch eine unter vielen Dimensionen, die sich mit anderen sozialen Dimensionen kreuzt, die für Individuen potentiell relevant sind.

Basierend auf dem theoretischen Rahmen der RISS-Forschungsgruppe erweitern wir den Blick auf exogene Ereignisse (Islamistische bzw. anti-Muslimische Gewalt) und untersuchen, wie solche Gewaltakte die Assoziation zwischen Sozialstruktur, Identität und Verhalten beeinflussen.

Um diese Fragen zu beantworten, stützen wir uns auf die Befragung einer repräsentativen Stichprobe von Muslimen in Deutschland, die im Kontext des RISS Internationalization Surveys durchgeführt wird. Hinzu kommt ein innovatives experimentelles Design (Conjoint Experiment), mit dem die relative Bedeutung von Religion im Kontext einer individuellen multidimensionalen sozialen Identität geschätzt werden kann. Dieses experimentelle Design wird auch genutzt um zu analysieren, inwieweit soziale Identität sowie politische Präferenzen und Verhaltensabsichten mit Wahrnehmungen von Gewalt und Diskriminierung im Zusammenhang stehen.

Projektleitung: Prof. Sigrid Roßteutscher, PhD, Prof. Dr. Constantin Ruhe, Prof. Dr. Richard Traunmüller (Universität Mannheim)

Laufzeit: 1.10.2021–30.09.2025

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Dieses Projekt ist Teil der DFG-Forschungsgruppe RISS / FOR 5173. Weitere Informationen zu RISS

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Wertkonflikte, Arbeitsteilung und gesellschaftlicher Zusammenhalt im Geschlechterverhältnis


Geschlecht ist ein bedeutsamer Faktor bei der Herstellung gesellschaftlichen Zusammenhalts, der in den letzten Jahrzehnten besonders stark von sozialem Wandel betroffen ist. Als Folge konkurrieren etwa in Europa nicht nur verschiedene familien- und arbeitsmarktpolitische work-care-Modelle, es koexistieren damit verbunden auch egalitäre und essentialistische Geschlechterideologien und Familienideale, deren sozial-strukturelle Fundierung und Folgen bislang unerforscht sind. Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt erstens, ob die konkurrierenden Geschlechter- und Familienideale mit anderen Werten wie kultureller Offenheit beziehungsweise Schließung, Solidarität und Wahlverhalten zusammenhängen. Zweitens fragen wir, ob die politische Mobilisierung von Genderfragen durch politische Parteien zur Etablierung einer neuen politischen Polarisierung führt und wie sich diese zu anderen kulturellen und sozioökonomischen Spaltungslinien verhält. Drittens wird untersucht, welche sozio-strukturellen und -kulturellen Determinanten und Folgen unterschiedliche Formen der familialen Arbeitsteilung für die Reproduktion sozialer Ungleichheiten haben.

Leitung: Prof. Dr. Daniela GrunowProf. Sigrid Roßteutscher, PhD

Projektmitarbeiter*innen: Dr. Mirko K. Braack, Melanie Dietz, M.A.

Laufzeit: 03.2021–02.2023

Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

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German Longitudinal Election Study – GLES



Allgemeine Informationen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert im Rahmen ihrer „Langfristförderung Geisteswissenschaften“ die German Longitudinal Election Study (GLES). Dieses Projekt untersucht die Bundestagswahl 2009, 2013 und 2017. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts kann ein tiefgreifender Wandel beobachtet werden, der sowohl die Wähler, die Parteien, ihre Kandidaten als auch deren Wahlkampfführung und nicht zuletzt die Massenmedien betrifft. Zusammen genommen haben diese Prozesse zu einem beträchtlichen Anwachsen der Fluidität und Instabilität des elektoralen Prozesses mit potenziell weitreichenden Konsequenzen für die repräsentative Demokratie in Deutschland geführt. Mit Blick auf die Bundestagswahlen 2009, 2013 und 2017 untersucht die GLES, wie die heutige mobilere Wählerschaft auf die Herausforderungen dieser neuen, sehr komplexen Konstellation elektoraler Politik reagiert.

Drei von insgesamt neun Studienkomponenten dieser bislang umfangreichsten deutschen Wahlstudie werden unter Leitung von Prof. Sigrid Roßteutscher an der Goethe Universität Frankfurt realisiert: Vorwahlquerschnitt, Online-Tracking/Landtagswahlen-Boosts und die Langfristige Medienagenda-Analyse. Die Studie ist ein Kooperationsprojekt und wurde von Prof. Dr. Hans Rattinger (Universität Mannheim), Prof. Dr. Sigrid Roßteutscher (Universität Frankfurt/Main), Prof. Dr. Rüdiger Schmitt-Beck (Universität Mannheim) und Bernhard Weßels (Wissenschaftszentrum Berlin) ins Leben gerufen. Geleitet wird das Projekt derzeit von Prof. Dr. Sigrid Roßteutscher, Prof. Dr. Rüdiger Schmitt-Beck (Universität Mannheim), Prof. Dr. Harald Schoen (Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung), Prof. Dr. Bernhard Weßels (Wissenschaftszentrum Berlin) und Prof. Dr. Christof Wolf (GESIS). Hervorgegangen ist dieses Projekt ursprünglich aus einer Initiative der Deutschen Gesellschaft für Wahlforschung (DGfW).

Als bislang ehrgeizigstes Forschungsprogramm der deutschen Wahlforschung generiert und analysiert das Projekt eine umfassende und integrierte Datenbasis, die über GESIS bezogen werden kann. Es versteht sich als wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Infrastruktur hochqualitativer Programme sozialwissenschaftlicher Datenerhebung in Deutschland. Alle Daten werden als öffentliches Gut behandelt und interessierten Sozialwissenschaftlern unverzüglich zugänglich gemacht.

Laufzeit: 1/2009–12/2021

Für weitergehende Informationen zur GLES besuchen Sie bitte die offizielle Webseite des Projekts.

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