Catherine Colliot-Thélène - Semestereröffnungsvortrag

Demokratie, Eigentum und soziale Rechte

Veröffentlicht am: Montag, 19. Oktober 2015, 17:33 Uhr (2015101901)

Demokratie, Eigentum und Sozialrechte

Die Kompatibilität zwischen Demokratie und Kapitalismus ist seit einigen Jahren wieder zum Thema geworden. Wegen der akademischen Arbeitsteilung bleibt aber „Demokratie“ ein Objekt der politischen Theorie, deren Vertreter/innen sich hauptsächlich auf die Frage der Bildung und Organisation der politischen Macht fokussieren. Es wird vorausgesetzt, dass die Organisation politischer Macht den Willen eines wie auch immer konzipierten „Demos“ ausdrücken soll. Soziale Ungleichheiten und soziale Rechte werden entweder gar nicht oder nur am Rande betrachtet. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde aber die Unzulänglichkeit einer bloß politischen Auffassung der Demokratie sichtbar. Dass die Arbeitslosigkeit und die Armut der unteren Schichten der Arbeiter die normative Rechtfertigung der demokratischen Gesellschaften (vor allem das Privateigentum) in Frage stellen, wurde nicht nur von den schärfsten Gegnern des Kapitalismus, sondern auch von liberalen Autoren (Tocqueville, John Stuart Mill, Durkheim) wahrgenommen. Im Laufe des 20. Jahrhundert wurden soziale Protektionen instituiert, die die Eigentumslosigkeit kompensieren sollten. Der aktuelle Umbau dieser Protektionen in Europa kann zum Anlass genommen werden, um auf die Beziehung zwischen der liberalen Demokratie und dem Eigentumsrecht zurück zu kommen.

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