Josef Esser Preis 2015

Josef Esser Preis im 2. Halbjahr 2015

Der Josef Esser Preis für die besten Examensarbeiten im 2. Halbjahr 2015 wurde im Rahmen des Fachbereichstags am 26.06.2017 vergeben. Den Weg in die engere Auswahl fanden 25 studentische Examensarbeiten, welche von der Esser-Preis-Kommission begutachtet und anschließend diskutiert wurden. Die Jury entschied sich, den Preis an folgende Studierende zu vergeben:

  • Moritz Boddenberg (Soziologie)
  • Sofia Ganter (Politikwissenschaft)
  • Johannes Klassen (Politikwissenschaft)
  • Nicole Wisniewski (Soziologie)

 

Moritz Boddenberg: Dankbarkeit als Emotion. Soziologische Dimensionen und Entwicklungen eines sozialen Gefühls im Spiegel der Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft

Gewinnt oder verliert Dankbarkeit in der gegenwärtigen Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft an Bedeutung? Dieser Frage geht Herr Boddenberg in seiner theoretischen Arbeit mit zeitdiagnostischem Anspruch nach. Die Arbeit zeugt von einer beeindruckenden Belesenheit, einem überdurchschnittlich breiten soziologischen Wissen und hohen Reflexionsfähigkeiten. Herr Boddenberg unterscheidet Dankbarkeit als moralische Pflicht, als soziale Norm und als empfundenes Gefühl und erarbeitet damit wichtige emotionssoziologische Differenzierungen. Zukünftige empirische Untersuchungen zur Frage, warum Sensibilität gegenüber ‚dankbaren‘ Gütern, Handlungen und Subjekten so unterschiedlich ausgeprägt sein kann, sind mit diesem theoretischen Ansatz gut grundiert.

 

Sofia Ganter: Der Friedensbegriff in der deutschsprachigen Friedensforschung. Vom weiten zum engen Friedensbegriff?

Sofia Ganter untersucht in ihrer Arbeit den Friedensbegriff in der deutschsprachigen Friedensforschung, wobei sie mit der Unterscheidung in einen weiten und einen engen Friedensbegriff arbeitet. Hierzu wertete sie ausgewählte Ausgaben der zentralen einschlägigen Zeitschriften in den 1970er und 2010er Jahren inhaltsanalytisch und vergleichend aus. Die Esser-Preis-Kommission stimmt der Bewertung der Erstgutachterin zu, dass die Arbeit alle Kriterien, die an eine Masterarbeit gestellt werden, in überragender Form erfüllt. Die Arbeit ist ausgesprochen kenntnisreich, stringent argumentiert und analytisch überzeugend. Das Vorgehen wird in vorbildlicher Weise sehr transparent dargestellt und auf hohem Niveau reflektiert. Die Ergebnisse sind gewinnbringend für die gesamte Friedens- und Konfliktforschung.

 

Johannes Klassen: Governing through the Promotion of Evaluations. The Governmentality of Evaluation Capacity Development in Global Development Politics

Die zunehmende Technokratisierung der Entwicklungszusammenarbeit, genau gesagt die Frage danach, wie und mit welchen Auswirkungen die Effizienz- und Evaluierungsdebatte in der Entwicklungshilfe deren Rationalisierung vorantreibt und welche Rolle dabei die großen internationalen Organisationen der EZ spielen, ist Gegenstand der Studie von Johannes Klassen. Der Gouvernementalitätsansatz nach Foucault stiftet die Erkenntnisperspektive für die empirische Untersuchung des Evaluationsdiskurses der OECD, Weltbank und UNDP, mit der der Verfasser zeigen kann, wie damit einer Entpolitisierung des gesamten Entwicklungsdiskurses Vorschub geleistet wird. Die Studie zeugt von hoher Theoriekompetenz und methodischer Sicherheit. Sie stellt ein äußerst gelungenes Beispiel dafür dar, wie ein theoriegeleitetes Erkenntnissinteresse in eine empirische Untersuchungsperspektive übertragen werden kann und welche originellen Befunde sich auf solche Weise generieren lassen.

 

Nicole Wisniewski: Einkommensunterschiede nach Geschlecht. Zur Bedeutung der Geschlechterrolleneinstellung, beruflicher Geschlechtersegregation und des Erwerbsumfangs

Frau Wisniewski untersucht Einkommensunterschiede nach Geschlecht. Dabei fragt sie konkret nach der Bedeutung der Geschlechterrollen, der beruflichen Geschlechtersegregation und des Erwerbsumfangs. Die Arbeit ist ein hervorragendes Beispiel für eine theoriegeleitete, empirische Abschlussarbeit auf höchstem theoretischem sowie methodischem Niveau. Der Stand der Forschung wird umfassend dargestellt, wobei der ‚rote Faden‘ streng im Blick bleibt. Komplexe Datensätze werden äußerst kompetent analysiert, die Operationalisierung ist präzise und sorgfältig. Das Vorgehen ist in allen Aspekten sorgfältig durchdacht und geht weit über das übliche Maß normaler empirischer Arbeiten hinaus. Die Ergebnisse sind ausgesprochen aufschlussreich.