Professorin des Instituts kandidiert für den Vorsitz der DGS

Professorin Birgit Blättel-Mink kandidiert für den Vorsitz der Deutschen Gesellschaft für Soziologie

Veröffentlicht am: Dienstag, 05. Februar 2019, 15:55 Uhr (05-01)

Lesen Sie zu den Profilen der Kandidierenden mehr auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Soziologie: https://www.soziologie.de/wahl2019/wahl-vorsitz/

Wahlprogramm von Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink

Die stark ausdifferenzierte Soziologie zeigt sich in den letzten Jahren nach außen wie nach innen als uneinige Disziplin. Die vordringlichste Aufgabe der DGS und ihrer Gremien ist deshalb die Förderung von innerfachlicher Kommunikation mit dem Ziel der Herstellung disziplinärer Identität. Mit innerfachlicher Kommunikation ist nicht nur der Dialog mit Mitgliedern der Akademie für Soziologie gemeint, sondern auch mit Vertreter*innen der Sektionen, des Mittelbaus und der Studierendenschaft. Ich unterstütze die Beteiligung von Mittelbau und Sektionen an der Arbeit von Konzil und Vorstand der DGS nachdrücklich.

Die aktuellen globalen Entwicklungen, die multiplen Krisenphänomene, die mittlerweile auch in Deutschland angekommen sind, machen es erforderlich, dass die Soziologie als Krisenwissenschaft sich mit ihren Erkenntnissen zu Wort meldet – und zwar in ihrer konzeptionellen wie methodischen Vielfalt.

Dies schließt auch die numerische wie qualitative Beteiligung aller Formen von Geschlechtern ein. Die Stärkung der Sichtbarkeit der Arbeit von Frauen in Lehre und Forschung sowie die kritische Reflexion der Persistenz arbeitsteiliger Strukturen ist unbedingt notwendig.

Um die Rolle der Soziologie in Gesellschaft und Wissenschaft zu stärken, sind gemeinsame Anstrengungen aller Soziolog*innen notwendig. Wir müssen vermeiden, dass die Soziologie als Studienfach an Bedeutung verliert.

Dazu gehört auch, die Präsenz soziologischen Denkens in Bildung und Ausbildung zu fordern und fördern und die Studienbedingungen zu verbessern. Ich unterstütze die Bemühungen des aktuellen Vorstands in dieser Sache nachdrücklich.

Daneben wird es in den kommenden Jahren darum gehen, den Studierenden an allen Standorten soziologischen Lehrens und Lernens die Vielfalt der Methoden der empirischen Sozialforschung nahe zu bringen. Hierfür sind angesichts der Heterogenität der soziologischen Institute, sowohl was die Größe als auch was die Zusammensetzung der Lehrenden betrifft, besondere Anstrengungen notwendig.

Studierende der Soziologie müssen zudem im Rahmen ihres Studiums eine realistische Vorstellung davon erhalten, welche gesellschaftlichen Aufgaben sie auch außerhalb einer akademischen Karriere im Anschluss an ihr Studium übernehmen können. Dies gilt sowohl für Studierende der Masterstudiengänge wie für Promovierende. Hierfür muss die Kooperation mit dem Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologien (BDS) gestärkt werden. Der sich neu konstituierende Ausschuss „Soziologie als Beruf“ wird sich diesem Thema annehmen. Daneben wird um die Entwicklung von Strategien zur Vermeidung der Prekarisierung des wissenschaftlichen Nachwuchses gehen (siehe hierzu auch die Arbeit des Ausschusses „Mittelbau in der DGS/Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft“). Hier muss der Politik deutlich gemacht werden, dass die Bemühungen der letzten Jahre unzureichend sind.

Auch muss die zunehmende Vermessung der Wissenschaft kritisch reflektiert werden, vor allem um den Nachwuchs, der sich zunehmendem Leistungsdruck gegenüber sieht, zu entlasten.

Was die Internationalisierung der Soziologie betrifft, so sind wir meines Erachtens auf einem sehr guten Wege. Internationalisierung geht dabei selbstredend über die englischsprachigen Communities hinaus. Die DGS steht zudem in der Pflicht, internationale Fachorganisationen, die sich mit einer Einschränkung der Freiheit von Forschung und Lehre konfrontiert sehen, mit allen Kräften zu unterstützen – dazu zählen mittlerweile auch Kolleg*innen in englischsprachigen Ländern. 

Zur Akademie für Soziologie: Ich halte die Gründung der Akademie für Soziologie für überflüssig und der Sache der Soziologie als akademische Disziplin nicht förderlich. Dass die Akademie für Soziologie wie die DGS eigene Kandidat*innen für das DFG Fachkollegium Sozialwissenschaften (Empirische Sozialforschung) vorschlägt, nachdem sie durch die DFG als Verband anerkannt wurde, ist ein Ausweis von Konkurrenzstreben. Ich kann die Reaktionen der Kolleg*innen verstehen, die von Ungläubigkeit über Verärgerung bis hin zu wahrgenommenem Vertrauensverlust im disziplinären Miteinander reichen. Dennoch glaube ich, dass wir im Gespräch bleiben müssen, um die Außendarstellung der Soziologie zu konsolidieren. Zudem sind wir in der Pflicht dem Nachwuchs gegenüber, der zwischen den unterschiedlichen Lagern nicht aufgerieben werden darf. Es muss darum gehen, die Einheit der Soziologie in Vielfalt zu beleben. Die aktuellen gesellschaftlichen Zustände erfordern dringend umfassende soziologische Kompetenz.