Dr. Daniel Zettler

Promotion an der Goethe-Universität Frankfurt, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften

(daniel_zettler@yahoo.de)

Studium der Politikwissenschaft (mit Nebenfach Soziologie) an der Freien Universität Berlin und der Universität Augsburg. 20122014 Lehraufträge an der Universität Augsburg, Lehrstuhl für Soziologie. Vorträge zum Dissertationsprojekt überwiegend im Rahmen von (auf Lehrstühlen oder wissenschaftlichen Gesellschaften ausgerichteten) Doktoranden- und Forschungskolloquien an der Universität Augsburg sowie am Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main. Seit 2015 Mitglied der GfpS (Gesellschaft für psychoanalytische Sozialpsychologie) und seit 2017 Mitbegründer der "AG Psychoanalyse und Kritik". Eingereicht und angenommen wurde die Dissertation im Jahr 2019, die Disputation fand im Januar 2020 statt.

 

Dissertation

Maßloses und Mensch. Konturen einer intersubjektiven und psychoanalytisch-sozialpsychologischen kritischen Theorie der Gesellschaft

Die Dissertation zielt auf die Formulierung einer Psychoanalyse wie Sozialwissenschaft umspannenden kritischen Theorie der Gesellschaft. Im Zentrum steht die Frage nach den Möglichkeiten bzw. Unmöglichkeiten sozial emanzipatorischen Potenzials in der spätmodernen Gesellschaft. Zu klären wird diesbezüglich vor allem sein, wie spätmoderne Praxis neue Subjektformen hervorbringt, sich zu ihnen verhält und welcher Art die psychosozialen Dynamiken sind, die aus jenem Verhältnis entspringen. Verfolgt wird dabei inhaltlich die These, dass es gerade die für die Spätmoderne so charakteristischen maßlosen Entgrenzungs- und Entdifferenzierungsphänomene sind, die sowohl psychisch, im Individuum, als auch sozial, in der Gesellschaft, tradierte Strukturen unterminieren und Subjekt wie Praxis öffnen für neue, gegebenenfalls emanzipatorische, Tendenzen. Methodisch strebt das Promotionsvorhaben dazu eine umfassende Theoriebildung an, die nicht nur psychoanalytisch-sozialpsychologisch fundiert, sondern wesentlich auch intersubjektiv, d.h. kommunikations- und handlungstheoretisch, konzipiert ist.

Um die komplexe Dialektik von Individuum und Gesellschaft zu fassen, wird in der Gliederung der Arbeit Psyche und Soziales innerhalb einer topographisch konnotierten 'Theorielandkarte' aufeinander bezogen. Dazu werden unter Zuhilfenahme der bekannten Metaphern des 'Verflüssigens' und 'Verfestigens' formende und gestaltende Effekte psychosozialer Dynamiken veranschaulicht. Um aber psychoanalytische und sozialtheoretische Zugänge schlüssig aufeinander zu beziehen, bleibt die Neukonzeption und Neuinterpretation einer Reihe von beide Disziplinen umspannenden Termini unerlässlich; darunter: maßloses Selbst, bemessenes Ich; verbindende sowie trennende Kommunikation und Interaktion; das maßlos Gemeinsame, wie das bemessen Einsame; soziale Ex- und Inklusion;  biomorphe, thanatomorphe, polymorphe relationale Formationen; die Bemessung des Maßlosen; das Maßlose als Maßstab. Eine Schlüsselstellung bei der inhaltlichen Verschränkung beider Disziplinen kommt dabei Alfred Lorenzer und seinem Konzept der 'Interaktionsformen' zu, welcher Psychoanalyse im Sinne einer 'Interaktionstheorie' verstand und sie damit letztlich auch zur Gesellschaftstheorie hin öffnete. In diesem Sinne werden in der Dissertation zentrale Passagen der Werke Freuds und Marcuses in Richtung einer spätmodernen Gesellschaftstheorie neu ausgerichtet.

Begutachtet wurde die Dissertation von Prof. Dr. Hans-Joachim Busch (Erstbetreuer) und Prof. Dr. Ferdinand Sutterlüty (Zweitbetreuer).