Sarah Mühlbacher M.A.

Institut für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität (IfS)

muehlbacher@em.uni-frankfurt.de


Sarah Mühlbacher studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie im Rahmen des Bachelorstudiengangs Sozialwissenschaften an der Universität Augsburg und absolvierte anschließend ein Masterstudium der Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Von 2016 bis 2019 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Paradoxien des Kindeswohls. Eine Untersuchung zur Entwicklungsdynamik des deutschen Familienrechts und der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe am Institut für Sozialforschung (IfS). Seit Januar 2020 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt, Schwerpunkt Familien- und Jugendsoziologie.


Die Rechte der Kinder zwischen Reform, Gegenreform und Transformation

Eine care- und differenzzentrierte Perspektive auf rechtliche Paradoxien

Am Ausgangspunkt des Dissertationsvorhabens steht Rätselhaftes. Das Rätsel, das das Forschungsprojekt bewegt, ergibt sich aus der Beobachtung, dass Reformen scheitern oder unerwünschte Folgen zeitigen. Reformprojekte verstricken sich immer wieder in Paradoxien. Auf der einen Seite herrscht in den rechtlichen Diskursen ein breites Wissen über Missstände. Auf der anderen Seite zeigen sich immense Beharrungskräfte, die Reformen blockieren, oder aber der Versuch, Fehlentwicklungen durch Reformen zu beheben, führt zu neuen Widrigkeiten. Soziale Bewegungen und außerparlamentarische Stimmen begleiten die hegemonialen Diskurse, die sich innerhalb der Institutionen von Recht, Politik und Wissenschaft abspielen und üben Kritik an diesen Dilemmata.

Worin bestehen die Beharrungskräfte, die die Diskurse über die Rechte der Kinder beharrlich blockieren? In meiner Arbeit untersuche ich juristische, politische und wissenschaftliche Diskurse über zentrale Reformprozesse im Bereich des Kindschafts- und Familienrechts sowie des Kinder- und Jugendhilferechts seit den 1960er Jahren. Mein Sample umfasst Protokolle von Bundestagsdebatten, Drucksachen des Bundestags, Urteilsbegründungen, Berichte von Expert*innenkommissionen und Gesetzestexte, ergänzt durch Wortmeldungen von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen außerhalb der Parlamente. Die Auswertung des Materials erfolgte mit Methoden der Grounded Theory und der Situationsanalyse.

Die Reformgeschichte der letzten Jahrzehnte ist von der Gleichzeitigkeit rechtlicher Ein- und Ausschlüsse sowie von einem dynamischen Prozess von Reform und Gegenreform geprägt. Adultzentrierte rechtliche Regelungen, die eigentlich die Situation der Kinder verbessern sollen, adressieren lediglich Erwachsene. Damit einhergehen Annahmen darüber, wie am besten für Kinder gesorgt wird. Gleichzeitig werden solche Ausschlussmechanismen im rechtlichen Diskurs benannt und sind Gegenstand von Streit. Im Zentrum dieser Arbeit steht die empirisch-theoretische Untersuchung jener Spannungsfelder, in denen sich die Diskurse um die Rechte der Kinder bewegen. Abschließend gehe ich der Frage nach, welche demokratietheoretischen Schlussfolgerungen sich davon ausgehend für die Perspektive einer Transformation von Rechten, Teilhabe und Bürger*innenschaft ziehen lassen.

Betreut wird das Projekt von Prof. Dr. Ferdinand Sutterlüty und Prof. Dr. Sabine Andresen.