DFG-Projekt: Ungleichheit und direkte Demokratie in Europa

Projekthintergrund

Auf die inkludierende Wirkung (neuer) Partizipationsformen, wie beispielsweise direktdemokratische Verfahren, wurden zeitweise große Hoffnungen gesetzt. Diese Hoffnungen scheinen sich in der Praxis jedoch immer wieder als wenig realistisch zu erweisen. Direktdemokratische Verfahren werden, hierzulande spätestens seit dem Hamburger Schulentscheid, häufig als Ungleichheit fördernd bewertet - Direktdemokratie würde Gleichheit eher verhindern und Ungleichheiten verschärfen. Doch tragen direktdemokratische Verfahren tatsächlich zur Stabilisierung oder sogar zu einer Vertiefung von Ungleichheiten bei?

Nicht nur im öffentlichen Diskurs, sondern auch unter Politikwissenschaftlern wird diese Frage immer wieder kontrovers diskutiert. Während verschiedene Autoren die positiven Effekte von Volksabstimmungen hervorheben, verweisen andere auf potentielle Gefahren direkter Demokratie wie z.B. die Benachteiligung gesellschaftlicher Minderheiten. Im derzeitigen Forschungsstand lassen sich drei wesentliche Lücken identifizieren: Erstens beschränkt sich ein Großteil der Studien auf den Vergleich von Bundesstaaten in einzelnen Ländern (in der Regel USA und Schweiz). Zweitens wird vornehmlich der Einfluss direkter Demokratie auf sozioökonomische Ungleichheit untersucht, andere Ungleichheitsdimensionen werden außer Acht gelassen. Drittens wird in einer Vielzahl von Studien lediglich die Verfügbarkeit direktdemokratischer Verfahren betrachtet, nicht aber die konkreten, gesellschaftspolitischen Auswirkungen von Volksentscheiden. Das Projekt zielt darauf ab, diese Forschungslücken zu schließen, indem es für die Jahre 1990 bis 2015 die Auswirkungen direktdemokratischer Volksentscheide in europäischen Demokratien auf verschiedene Ungleichheitsdimensionen untersucht.