Forschung Frankfurt I Ausgabe 02-2020

Beiträge von Mitgliedern des Instituts für Soziologie

Veröffentlicht am: Freitag, 18. Dezember 2020, 15:46 Uhr (18-02)

In der neuen Ausgabe von Forschung Frankfurt - das Wissenschaftsmagazin lesen Sie zum Thema: Klimakrise - die nachfolgenden Beiträge von Mitgliedern des Instituts.

Um die komplette Ausgabe Forschung Frankfurt 2.2020 zu lesen, gehen Sie auf: https://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/95369622.pdf 


Ich konsumiere, also bin ich

Warum nachhaltiges  Konsumverhalten so schwierig ist

Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink
 

Die moderne Industriegesellschaft beruht auf einem konsumistischen Verhalten ihrer Mitglieder: Was ich mir leisten kann, das prägt  meine soziale Stellung. Dies im Interesse der Nachhaltigkeit zu ändern, wird aus soziologischer Sicht einige gesellschaftliche Kraftanstrengung verlangen. 

Konsum ist ein mehrphasiger Prozess. Er beginnt mit Bedürfnisgenese und Informationsgewinnung, setzt sich fort mit der Entscheidung für ein spezifisches Produkt, der Nutzung bzw. dem Verbrauch und endet mit der Entsorgung. Nachhaltig ist den Vereinten Nationen und ihrem Sustainable Development Goal (SDG) Nr. 12 zufolge der Konsum (und die Produktion) von Gütern, der Grundbedürfnisse befriedigt und die Lebensqualität der Menschen verbessert und gleichzeitig die Nutzung natürlicher Ressourcen und giftiger Materialien sowie den Abfall und den Eintrag von Schadstoffen in Boden, Luft und Wasser über den Lebenszyklus eines Produkts hinweg minimiert. Ein solcher Konsum würde dazu führen, dass die Bedürfnisbefriedigung zukünftiger Generationen im globalen Kontext gewährleistet wäre – nicht zuletzt indem der fortschreitende von Menschen gemachte Klimawandel mit seinen fatalen Folgen für Menschen und Tiere zumindest verlangsamt würde. 

Was heißt das für unseren alltäglichen Konsum? Wir sollten alle weniger Fleisch essen, auf Einweggeschirr verzichten, weniger Nahrungsmittel wegwerfen, Strom sparen, mehr laufen und Fahrrad fahren, weniger Flugreisen unternehmen, und wir sollten darauf achten, dass Produkte, die wir kaufen, fair produziert wurden – wir sollten also insgesamt bewusster konsumieren. Diese Vorschläge des »Nachhaltigen Warenkorbs« (Renn Süd, 2020) hören sich allesamt vernünftig an. Wer sich an solche Vor gaben hält, lebt höchstwahrscheinlich gesünder und mit einem besseren Gewissen. Dies belegt auch die jüngste Umweltbewusstseinsstudie in Deutschland, bei der nur 19 Prozent der Befragten der Meinung waren, dass Bürgerinnen und Bürger genug oder eher genug für den Umwelt- und Klimaschutz tun; 78 Prozent sprachen sich jedoch dafür aus, dass wir zugunsten der Umwelt »alle bereit sein sollten, unseren derzeitigen Lebensstandard einzuschränken« (BMU, 2019). 
Konsum schafft Identität Warum aber wird der Konsum insgesamt nicht nachhaltiger? Die Menge an Verpackungsmüll nimmt stetig zu, immer mehr Mikroplastik
verunreinigt die Weltmeere, überdüngte Felder beeinträchtigen die Qualität des Trinkwassers. Aus soziologischer Sicht ist Konsum mehr als nur z. B. ein Brot zu kaufen und es zu essen. Vielmehr wird Konsum als ein »Set von Praktiken« verstanden, »die es Menschen ermöglichen, Selbst-Identität auszudrücken, die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen zu kennzeichnen, Ressourcen zu akkumulieren, soziale Distinktion zu demonstrieren und Teilhabe an sozialen Aktivitäten sicherzustellen« (Heiler et al., 2009: 37). Konsum dient dem Individuum zwar zur Bedürfnisbefriedigung, aber auch zur Identitätsgewinnung und -sicherung und zur Distinktion, zur Unterscheidung von anderen. Konsum ist demnach eine Form des sozialen Handelns mit umfassenden individuellen, aber auch gesellschaftlichen Funktionen. Konsum sichert Be- schäftigung und Wachstum. Konsum ist einer der tragenden Pfeiler der modernen Gesellschaft. Den Konsum zu transformieren und damit auch zu reduzieren, um Verantwortung für die jetzt und in Zukunft lebenden Generationen zu übernehmen, erweist sich damit als ein wenig wahrscheinliches Unterfangen – es sei denn, nachhaltiger Konsum eröffnet die Chance auf nachgefragte soziale und kulturelle Ressourcen, beispielsweise soziale Anerkennung.

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Das lange Ringen

Ein kurzer Abriss des (nicht wirklich erfolgreichen) Zusammenspiels  von Forschung und Politik bei der Bekämpfung des Klimawandels

Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink

Schon früh im 19. Jahrhundert wurde der Treibhauseffekt entdeckt. Doch bis sich die Menschheit ihres Einflusses auf das globale Klima bewusst wurde, hat es noch viele Jahrzehnte gedauert.  Ein Rückblick auf das zähe Ringen darum, aus wissenschaft lichen Erkenntnissen die richtigen politischen Schritte abzuleiten.

Der Treibhauseffekt wurde im Jahr 1824 entdeckt. Doch erst gegen Ende der 1950er Jahre konnte aufgrund verbesserter Messmethoden und einer breiteren Datenbasis die klimaerwärmende Wirkung der stetig ansteigenden Konzentration von Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Erdatmosphäre quantifiziert werden. Die Veröffentlichung »Limits of Growth« des Club of Rome sorgte 1972 für globale Aufmerksamkeit. Im Anschluss wuchs der Konsens darüber, dass die zunehmende Konzentration von CO2 zur Erderwärmung führen wird. »In den 1990er Jahren bildete sich durch weiterentwickelte Computermodelle und ein tieferes Verständnis der Kaltzeiten folgender Konsens heraus: Treibhausgase spielen beim Klima wandel eine große Rolle, und durch den Menschen
verursachte Emissionen sind für die laufende  globale Erwärmung hauptverantwortlich.« (Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Forschungsgeschichte_des_Klimawandels)
IPCC bündelt weltweite Erkenntnisse Die Erkenntnis, dass der Klimawandel zur Erderwärmung führt mit fatalen Folgen für das Leben auf der Erde, ist auch der Politik zu verdanken, ist sie doch das Ergebnis der politisch geförderten Klima­ und Erdsystemforschung. Die Teilnehmer der ersten Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen im Jahr 1979 haben das Weltklimaforschungsprogramm initiiert. Im Jahre 1988 dann wurde das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) durch
das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) eingerichtet. Die Hauptaufgaben des IPCC, das selbst keine eigene Forschung betreibt, sondern internationale Forschung sergebnisse auswertet, ist die Bereitstellung von Informationen über den Klimawandel, über dessen Risiken und Folgen sowie über Anpassungsmöglichkeiten und Wege zur Vermeidung gefährlicher Entwicklungen.

1987 wurde nicht nur der sogenannte Brundtland­Bericht veröffentlicht (benannt nach der damaligen Vorsitzenden der World Commission on Environment and Development, Gro Harlem Brundtland, welche den Bericht »Our Common Future« herausgab), in dem ein für viele Jahre gültiges Verständnis nachhaltiger Entwicklung formuliert wurde: »Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs« (World Commission on Environment and Development 1987); es wurde auch das »Ein­Grad­Ziel« festgelegt.

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