Doktorand*innen

Carina Maier
carina.maier@univie.ac.at

Projekttitel: Wider die Romantisierung von Sorge - Bezogenheit gesellschaftstheoretisch bestimmen

In (post-)pandemischen Zeiten ist die fehlende Sorge umeinander und ihre ungleiche Verteilung sichtbarer geworden. Kritische  und insbesondere feministische Stimmen verweisen aber bereits seit Jahrzehnten auf die der kapitalistischen Gesellschaft inhärenten Krisen der Sorge und bestimmen Sorge(arbeit) als vergeschlechtlicht und neo-kolonial. Es sind auch Feminist*innen, die fortwährend entgegen der phantasmatischen Vorstellung eines autonomen Subjekts auf die Notwendigkeit von Sorge für
menschliches Dasein hinweisen sowie jene Formen staatlicher Fürsorge anprangern, die mit gewaltvollen Mitteln gesellschaftliche Ein- und Ausschluss regulieren. In meinem begriffstheoretischen Dissertationsprojekt nehme ich die Archive dieser queer_feministischen Kämpfe zum Ausgangspunkt, rekonstruiere den politisch umkämpften Begriff von Sorge und mache
ihre historischen Bezüge, Lernprozesse und Interventionen sichtbar. Dabei versuche ich die jeweiligen Annahmen darüber, was Gesellschaft sei, Widersprüche in den Konzeptionen sowie Ziele, also das, was als Sorge begehrt wird, zu erarbeiten. Mich interessiert, welche Formen der Sorge und Bezogenheit – und demnach auch welche sozialen Gefüge – als Maßstäbe der Kritik
herangezogen werden und wofür mit spezifischen Konzepten von Sorge gekämpft wird. Ziel des Vorhabens ist es, einen Begriff von Sorge zu entfalten, der die konkrete Herrschaftsförmigkeit von Sorge(arbeit) im globalen Kapitalismus zu differenzieren und damit die Gewalt, die in Sorgebeziehungen liegt, zu kritisieren vermag, und zugleich den Blick auf jene gelebten Erfahrungen zu richten, die in den Konturen gesellschaftlicher Widersprüche im Alltag immer wieder aufblitzen und auf alltägliche, solidarische Formen der Bezogenheit verweisen. Eine Diskussion der aktuellen Debatten von Relationalität soll es ermöglichen, einer Romantisierung der Sorge als gänzlich Anderes, Herrschaftsfreies, Vorkapitalistisches oder Exotisiertes entgegenzuschreiben, dabei aber das Begehren nach sorgenden Beziehungsweisen nicht a priori im Keim der Paranoia zu ersticken.

Aktuelle Publikationen:
2023: Die Perspektive der Sorge im strukturell sorglosen Staat, in: Gundula Ludwig und Birgit Sauer (Hg.): Das kälteste aller kalten Ungeheuer? Perspektiven intersektionaler Staatstheorie, Frankfurt am Main: Campus Verlag (im Erscheinen).
2023: Femi(ni)zide. Kollektiv patriarchale Gewalt bekämpfen, Berlin: Verbrecher Verlag. (als Autor*innenkollektiv Biwi Kefempom)
2022: Nicht ohne ihre Kämpfe! Arbeits- und Lebensbedingungen der 24-Stunden-Betreuer*innen und vieles zu lernen für feministische Theorie, in: Momentum Quaterly. Vol. 11, 2, 94-107.

Marie Reich
m.reich@em.uni-frankfurt.de

Projekttitel: Being in labour. Gebären als relationale Praktik im gegenwärtigen Kapitalismus

Geburt ist ein zutiefst sozialer, sich historisch wandelnder und gegenwärtig umkämpfter Prozess, der für die gebärende Person einen zentralen Übergang im Lebensverlauf darstellt. Gebären ist kein unveränderlicher körperlicher Prozess, sondern wird durch sich historisch und örtlich wandelnde Geburtspraktiken hergestellt. Im Promotionsprojekt wird Gebären als ein interpersonaler Prozess verstanden, der eingebettet ist in vergeschlechtlichte Macht- und Herrschaftsverhältnisse. Das Promotionsprojekt zielt darauf gesellschaftstheoretische - insbesondere feministische - Erkenntnisse über gesamtgesellschaftliche Bedingungen, wie eine dem Kapitalismus inhärente Abwertung von Reproduktion oder vergeschlechtlichte Machtverhältnisse mit einer tiefen Analyse der gegenwärtigen Praktiken des Gebärens und des tatsächlichen Umgangs mit Geburten zusammenzubringen. Dabei soll Geburt als Reproduktion(sarbeit) erfasst werden und ihre Beziehungsförmigkeit ins Zentrum gestellt werden. Dafür werden empirisch die Erfahrungen verschiedener in Geburten involvierte Personen erfasst: Gebärende, Hebammen, Ärzt*innen und Begleitpersonen. Die Berücksichtigung der Rolle des Gebärens für die Reproduktion einer patriarchalen-kapitalistischen Gesellschaft umfasst auch die Auswirkungen und Intersektionen verschiedener Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse auf den Prozess der Geburt.

Aktuelle Publikationen:
2024: Reich, Marie/Kuhnt, Anne-Kristin: Being in labour – Gebären als Arbeit im gegenwärtigen Kapitalismus, GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 1-2024, S. 26-40

Stella Schäfer
stella.schaefer@stud.uni-frankfurt.de

Projekttitel: Wege gewaltbetroffener Frauen - eine intersektionale Analyse geschlechtsbezogener Gewalt 

Das Promotionsvorhaben befasst sich mit Übergangen im Lebenslauf gewaltbetroffener Frauen*. Im Fokus steht dabei die Gestaltung von Übergängen gewaltbetroffener Frauen* im Gefüge aus Gewalt in häuslichen Territorien und gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Der Begriff der häuslichen Gewalt betont den räumlichen Aspekt des privaten Raums. Da für viele Gewaltbetroffene nicht nur private Haushalte im Gewalterleben Raum geben, erweitert das Projekt die Perspektive auf häusliche Territorien, also Räume mit einem Sinn von Intimität und Kontrolle.Mittels einer intersektionalen Perspektivierung durch kartengestützte, problemzentrierte Interviews wird der Frage nachgegangen, wie sich Subjektivierungsprozesse im Übergang des Adressierens der Gewalt gestalten und welchen Möglichkeiten und Hürden gewaltbetroffene Frauen* begegnen. Geplant sind 20 Interviews mit Gewaltbetroffenen. Das Ziel der Arbeit sind theoretische Schlussfolgerungen auf die Zusammenhänge zwischen Stigmatisierungen, sozialen Strukturen sowie häuslicher Gewalt.
Stella Schäfer hat Humangeographie, Soziologie, Politikwissenschaft und Geschlechterforschung in Erlangen-Nürnberg, Mankato Minnesota, Frankfurt am Main sowie Mexiko-Stadt studiert und mit dem Master Humangeographie (M.A.) abgeschlossen. 

Während des Studiums absolvierte sie das Zertifikatsprogramm Frauen- und Geschlechterforschung des Cornelia-Goethe-Centrums. Von 2018 bis 2021 war sie in insgesamt drei Forschungsprojekten zu Gewalt im Geschlechterverhältnis und Frauenhäusern am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt University of Applied Sciences tätig. Seit 2022 ist sie Promovendin am Institut für Soziologie der Göthe-Universität. Stella Schäfers Schwerpunkte liegen im Forschungsfeld Gewalt im Geschlechterverhältnis, Intersektionalität und der Übergangsforschung.

Aktuelle Publikationen:
2022: Isselstein, Eva; Klaus, Luise; Kordes, Jan; Manek, Julia; Schäfer, Stella: Countermapping durch Storymaps: Werkzeug einer dekolonial-feministischen Betrachtung von Femi(ni)ziden in Deutschland. In: Dammann, Finn & Michel, Boris: Handbuch Kritisches Kartieren. Transcript. Bielefeld.
2021: Droege-Kempf, Hilke; Feld, Doris; Schäfer, Stella: Das Autonome Frauenhaus als feministischer Ort. In Betz, Johanna; Keitzel, Svenja; Schardt, Jürgen; Schipper, Sebastian; Schmitt Pacífico, Sara & Wiegand, Felix: Stadt für Alle?! – Stadtentwicklung und soziale Kämpfe in der Global City Frankfurt am Main. Transcript. Bielefeld.

Rahat Shah 
rahat.shah331@gmail.com

Project title: Gender arrangements and subjective experiences of female breadwinning couples in Pakistan

Description: In my Ph.D. project, I explore the gender arrangements and subjective experiences of female breadwinning couples in Pakistan. Female breadwinning reflects the changing gender order in societies and analyzing how this gender-atypical work-family arrangement is experienced, negotiated, and responded to in a highly patriarchal cultural context is an area of research that has been generally overlooked in prior studies. Existing literature on female breadwinners is mainly focused on single mothers, and very little is done on the transforming experiences in the context of married female breadwinner couples. There is also a scarcity of academic literature on this topic from the context of the global south, and my study is an effort to fill this literature gap. My research question is to analyze how men's and women's participation in gender-atypical family/work and carer/breadwinner roles result in transforming identity constructions/differential treatment/gender relations and social stigmatization. I am working with the constructivist grounded theory method, collecting empirical data by interviewing female breadwinning couples in Pakistan.

Constanze Stutz
stutz@em.uni-frankfurt.de

Projekttitel: Die Töchter der realexistierenden Emanzipation

Das Promotionsprojekt Die Töchter der realexistierenden Emanzipation untersucht lebensgeschichtliche Emanzipationserzählungen der Frauen der ost- und westdeutschen Nachwendegeneration und erschließt diese als Untersuchungsgegenstand gesellschaftstheoretisch orientierter Sozialforschung. Untersucht wird, ob und wie sich die ehemaligen sozialistischen und kapitalistischen Geschlechterarrangements der DDR und BRD sowie deren Politisierung durch die jeweiligen Frauenbewegungen mitsamt ihren Emanzipationsvorstellungen in den widersprüchlichen Lebenszusammenhängen der Nachwendegeneration vermitteln. Wie setzen Frauen der ost- und westdeutschen Nachwendegeneration ihr Selbstbild, ihr geschlechtliches Gewordensein und ihre Lebenssituation zu den getrennten Erfahrungen ihrer Elterngeneration und den Transformationen der Nachwendezeit im vereinigten Deutschland in Beziehung und welche Rolle spielen Narrationen von Emanzipation in diesen biographischen Auseinandersetzungen? Entlang dieser Fragestellung wird untersucht, inwieweit unterschiedliche Entwürfe weiblicher Emanzipation in Deutungen widersprüchlicher und krisenhafter Lebenszusammenhänge der Gegenwart zwischen Reproduktion der bestehenden Geschlechterverhältnisse und dessen Transformation angerufen werden und ein emanzipatorischer Überschuss in den lebensgeschichtlichen Erzählungen der Nachwendegeneration zu finden ist.

Constanze Stutz ist Soziologin und promoviert im Rahmen des Graduiertenkollegs Dialektik der Teilhabe am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Zuvor lehrte und forschte sie am Lehrbereich Makrosoziologie des Instituts für Soziologie der TU Dresden. In ihrem Disserationsprojekt "Die Töchter der realexistierenden Emanzipation" beschäftigt sie sich mit einer gesellschaftstheoretischen Rekonstruktion der feministischen Visionen der ungleichzeitigen ost- und westdeutschen Frauenbewegungen und deren Vermittlung in den biographischen Erzählungen der Nachwendegeneration. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf Gesellschaftstheorie, Feministische Theorie(n des sozialen Wandels) sowie sozialer Bewegungs- und Transformationsforschung.

Rahel Zelenkovits
r.zelenkowits@gmail.com

Projekttitel: Die Plattformarbeiter:innen - eine situationsanalytische Betrachtung reproduktiver Dienstleistungsarbeiten auf digitalen Plattformen

Das alltägliche Caring, Cooking und Cleaning kann simpel, flexibel und in kürzester Zeit mittels digitaler Plattformen wie betreut.de ausgelagert werden. Die Plattformökonomie reagiert dabei auf die Krise der sozialen Reproduktion und erzeugt eine neue Arbeiter:innenschaft im reproduktiven Dienstleistungssektor – die Plattformarbeiter:innen. Wissenschaftliche und interessenpolitische Diskurse konzentrieren sich besonders auf die öffentlichen (zumeist männlich konnotierten) Ausliefer- und Transporttätigkeiten, während weiblich codierte ‚Gig-Arbeiten' wie putzen oder betreuen in privaten Wohnräumen oft unsichtbar bleiben. Mit der Plattformisierung des sozial-reproduktiven Niedriglohnsektors wird – so die Annahme – die feminisierte, zunehmend ethnisierte und deklassierte Zuordnung von Ver- und Fürsorgearbeit in Privathaushalten fortgesetzt und zugleich im sozialen Raum der Produktions- und Reproduktionsverhältnisse neu verteilt. Die Verortung, wer wie und wo die soziale Reproduktion aufrechterhält, ist verknüpft mit der Frage nach gesellschaftlicher Teilhabe entlang der Kategorien von bezahlten oder unbezahlten, privaten oder öffentlichen, anerkannten oder abgewerteten Formen von (ver-)sorgender Arbeit. Der Frage, wo und wie Menschen im Rahmen plattformförmiger Reproduktionsarbeit für soziale Aufstiege und gegen soziale Abstiege kämpfen, nähert sich das Promotionsprojekt qualitativ-empirisch mittels des Forschungsstils der Grounded Theory Methodology sowie deren situationsanalytischen Erweiterung.

Aktuelle Publikationen:
2023: Siri, Jasmin; Zelenkowits, Rahel: Gutachten anlässlich des Dritten Gleichstellungsberichts der Thüringer Landesregierung. Erfurt: Beauftragte für die Gleichstellung von Frau und Mann des Freistaats Thüringen.