Forschungsprojekt "Parlamentarische Sozialisation von Landtagsabgeordneten"

Laufzeit: 15.04.2010 - 15.04.2013

Finanzierung: Fritz-Thyssen-Stiftung

Projektleitung: Prof. Dr. Jens Borchert und Dr. Marion Reiser

Wissenschaftliche Mitarbeiter: Claudia Hülsken und Bertram Schwarz

Kurzüberblick

Was - außer der Tatsache seiner Wahl - macht den Abgeordneten zum Abgeordneten? Wie wird aus Menschen beiderlei Geschlechts, unterschiedlicher regionaler Herkunft, mit verschiedenen Bildungs- und Berufserfahrungen und mit teilsweise ganz gegensätzlichen politischen Auffassungen eine Grußße von PArlamentariern, die in wesentlichen Punkten gleicher Auffassung sein? Typischerweise herrscht in Parlamenten weitgehende Übereinstimmung darüber, was die Rolle der Parlamentarier, was die Aufgaben und Entscheidungsmechanismen der PArlaments, was die "Würde des Hohen Hauses" und was angebrachte und unangebrachte Verhaltensweisen angeht.

Organisationen prägen ihre Mitglieder. Wie aber vollzieht sich dieser Prozess in einer Institution, deren Mitglieder von verschiedenen Organisationen rekrutiert und dann von den Wählern entsandt wurden? Gerade wenn man an die Frühzeit der "Grünen" in den deutschen Parlamenten denkt, kann man von einem parlamentarischen Sozialisationsprozess ausgehen, in dessen Verlauf Neulinge mit den institutionell vorherrschenden Normen und Verhaltensweisen vertraut gemacht werden und diese verinnerlichen. Darüber, wie dieser Sozialisationsprozess heute in deutschen Parlamenten abläuft, wissen wir allerdings vergleichsweise wenig.

Ziel des Projektvorhabens ist es diesen Zustand zu ändern. Die beiden zentralen Fragen dabei:

(1) Wie verläuft der parlamentarische Sozialisationsprozess?

(2) Welchen Einfluss hat der parlamentarische Sozialisationsprozess auf die Einstellungen und Verhaltensweisen der neuen Abgeordneten?

Zu diesem Zeck befragen wir die in 2010 bzw. 2011 erstmals neu gewählten Abgeordneten der LAndtage von Nordrhein-Westfalen bzw. Baden-Württemberg in einer qualitativen Paneluntersuchung dreimal - vor ihrer Wahl, ein Jahr nach ihrer Wahl, und nach Ende ihrer ersten Legislaturperiode. Als Kontrollgruppe und als Vermittler der vorherrschenden Parlamentskultur wird zudem eine Grußße von erfahrenen Landtagsabgeordneten befragt. Durch den Vergleich der beiden LAndtage erwarten wir uns Erkenntnisse über die Sozialisationsprozesse und Parlamentskultur in Deutschland allgemein, über spazifische regionale Unterschiede und über die Auswirkungen besonderer institutioneller Merkmale (Wahlsystem, Parteienkultur, Karrierestruktur). Am Ende unserer Untersuchung wird klarer sein, welche Institutionen (Fraktionen, Ausschüsser, informelle Vereinigungen) innerhalb des Parlaments einen besonders wichtigen Beitrag zum kollektiven Selbstverständnis der Abgeordneten leisten, welche Normen so hervorgebracht werden und wie die Abgeordneten die innerparlamentarischen Normen mit den Verhaltserwartungen im Umfeld, also etwa im Wahlkreis und in ihrer Partei zusammen bringen.

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