Lehre

Vergangene Lehrveranstaltungen 2002


Wintersemester 2002/2003

Rainer Baumann
Hauptseminar (HP)
Demokratie und Außenpolitik - die demokratische Kontrolle militärischer Gewalt

Mittwoch 14-16 Uhr, erster Termin: 16.10. (danach keine Aufnahme mehr)
Raum: Neue Mensa 112

Die Überzeugung, daß die demokratische Verfaßtheit eines Staates sein außenpolitisches Verhalten beeinflußt, ist zwar keineswegs unumstritten, aber in der wissenschaftlichen Literatur wie auch in der öffentlichen Wahrnehmung weit verbreitet. Am deutlichsten zeigt sich diese Überzeugung in der These, Demokratien führten keine Kriege gegeneinander und in der noch weiterführenden (und umstritteneren) These, Demokratien seien generell friedlicher als autokratische Staaten. Dies wird auf die hemmende Wirkung demokratischer Institutionen und Prozesse und auf demokratische Normen des friedlichen Konfliktaustrags zurückgeführt. Zugleich gilt Außenpolitik, auch in Demokratien, aber immer noch als die Sphäre der sogenannten Staatsräson, in der die Exekutive besondere Vorrechte genießt und nach Ansicht vieler auch genießen soll. Zähmt also die Demokratie die Außenpolitik? Oder verhindert das Wesen der Außenpolitik (oder auch nur das vorherrschende Bild davon), daß demokratische Prinzipien und Prozesse voll zum Tragen kommen?

Wir wollen diesen Fragen am Beispiel der Kontrolle des miltärischen Gewalteinsatzes in modernen Demokratien auf den Grund gehen. Es soll untersucht werden, wie diese Kontrolle in der außenpolitischen Praxis funktioniert und welche Faktoren dabei ihre Wirksamkeit beeinflussen. Nach einer begrifflichen und ideengeschichtlichen Einführung werden wir am Beispiel einzelner Staaten (z.B. USA, Bundesrepublik Deutschland) untersuchen, wie Prozesse demokratischer Kontrolle des militärischen Gewalteinsatzes konkret funktionieren; wo die Grenzen dieser Kontrolle liegen; inwieweit demokratische Normen die Außenpolitik prägen; und inwieweit umgekehrt hergebrachte Normen der Außenpolitik die demokratische Kontrolle beeinflussen oder gar verhindern.

Literatur: Ernst-Otto Czempiel, Friedensstrategien, 2. Aufl., Opladen: Westdeutscher Verlag 1998; Ekkehart Krippendorff, Kritik der Außenpolitik, Frankfurt am Main: edition suhrkamp 2000; Rudolph Rummel, Power Kills. Democracy as a Means to Nonviolence, New Brunswick: Transaction Publishers 1997.

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Sommersemester 2002

Rainer Baumann
Proseminar (GP4)
Herrschaft in der internationalen Politik. Eine Einführung in Theorien der Internationalen Beziehungen

Mittwoch 14-16 Uhr, Raum: ab 24.4.: Turm 904 (nicht mehr: Neue Mensa 113)

Herrschaft ist eine wesentliche Form sozialer Beziehungen. Zumeist wird sie als eine asymmetrische Wechselbeziehung gedacht, bei der ein Akteur (oder eine Gruppe von Akteuren) einem anderen Akteur (oder einer Gruppe von Akteuren) Unterordnung aufzwingen und Folgebereitschaft erwarten kann. Außerdem muß diese Unterordnung hinreichend stabil und dauerhaft sein, damit wir von Herrschaft sprechen.

In der politikwissenschaftlichen Teildisziplin der Internationalen Beziehungen ist jedoch die Ansicht weit verbreitet, daß es in der internationalen Politik gar keine Herrschaft gibt: Da es keine Instanz wie etwa eine Weltregierung gebe, die den Staaten übergeordnet ist, befänden sich die Staaten in einem anarchischen, also herrschaftslosen internationalen politischen System. Verschiedene Theoretiker/innen der Internationalen Beziehungen leiten aus dieser These des anarchischen Staatensystems durchaus unterschiedliche Schlußfolgerungen ab. Während manche das Bild eines Systems zeichnen, in dem sich jeder um das eigene Überleben kümmern muß und in dem Kooperation nur in Ausnahmefällen zu erwarten ist, sehen andere durchaus Möglichkeiten für eine "regulierte Anarchie", in der dauerhafte Kooperationsbeziehungen entstehen können. Wieder andere bestreiten grundsätzlich die These der Herrschaftslosigkeit des internationalen politischen Systems, indem sie etwa auf Herrschaftsverhältnisse in den Nord-Süd-Beziehungen oder auf eine Reproduktion der Herrschaftsverhältnisse zwischen den Geschlechtern in der internationalen Politik verweisen.

Dieses Proseminar gibt anhand der Frage der internationalen Herrschaft eine problemorientierte Einführung in verschiedene Theorien der Internationalen Beziehungen. Es sind keine spezifischen Vorkenntnisse notwendig. Erwartet wird eine umfassende Lektüre deutsch- und englischsprachiger Texte und die regelmäßige und aktive Teilnahme am Proseminar (Anwesenheitskontrolle; ab der zweiten Sitzung werden keine neuen Teilnehmer/innen mehr aufgenommen). Die Teilnehmer(innen)zahl ist auf 40 beschränkt. Bitte melden Sie sich vor Veranstaltungsbeginn beim Seminarleiter an (AFE Turm 1730; r.baumann@soz.uni-frankfurt.de).

Literatur: Gert Krell, Weltbilder und Weltordnung. Einführung in die Theorie der internationalen Beziehungen, Baden-Baden: Nomos 2000; Claus Leggewie, Art. "Herrschaft", in: Dieter Nohlen/Rainer-Olaf Schultze (Hrsg.), Lexikon der Politik, Bd. 1: Politische Theorien, München: C.H. Beck 1995, S. 180-190.

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Gunther Hellmann
Proseminar (GP4)
Geschichte und Theorie der Internationalen Beziehungen: Eine konfliktorientierte Einführung

Mittwoch, 12-14 Uhr, Raum: Neue Mensa 120

Die Geschichte des internationalen Systems der Neuzeit ist vor allem eine Geschichte zwischenstaatlicher Kriege und Konflikte. Ziel dieses Proseminars ist es, das Dickicht internationaler Politik / internationaler Konflikte insofern etwas durchschaubarer zu gestalten, als (1) zentrale Kategorien und Theorien zur Analyse internationaler Konflikte vorgestellt werden und (2) ein Überblick über große und typische Konflikte der internationalen Politik im 20. Jahrhundert gegeben wird (u.a. Erster und Zweiter Weltkrieg; Ost-West-Konflikt; ausgewählte regionale Konflikte nach 1945; Kuba-Krise; "neue" Konflikte nach 1989). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen anhand dieser Gegenstände (a) Kenntnisse über Grundlinien internationaler Politik erwerben, (b) die Bedeutung expliziter Theoriebildung verstehen lernen und zu diesem Zweck (c) an konkreten Beispielen das methodische Werkzeug zur Analyse internationaler Konflikte erlernen. Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Texte ist unabdingbar.

Literatur:
Nye, Joseph S. 1997(2): Understanding International Conflicts. An Introduction to Theory and History, New York.

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Gunther Hellmann
Empiriepraktikum (Emp) 4-stündig (Teile I und II)
Wissenschaftliche Expertise in Kriegszeiten: Zur Rolle der "Internationalen Beziehungen" / Friedensforschung nach den Terroranschlägen des 11. September 2001

Donnerstag 12-16 Uhr, Raum: Turm Raum 904

Die Terroranschläge auf die USA und der Krieg in Afghanistan in ihrer Folgen haben eine neue Mobilisierungswelle von Expertise in der modernen Mediendemokratie ausgelöst. Noch stärker als bereits bei vorangehenden Krisen aus dem letzten Jahrzehnt rücken dabei neben den klassischen die neuen Medien des digitalen Zeitalters in den Mittelpunkt. Allenthalben offerieren Experten Orientierung in einer Zeit des explosionsartig gewachsenen Orientierungsbedarfs. Experten aus der politikwissenschaftlichen Teildisziplin "Internationale Beziehungen" bzw. der Friedensforschung rangieren dabei an der Spitze. Was diese Wissenschaftler von anderen Typen von Experten (etwa "Intellektuellen" oder Journalisten) unterscheidet, verschwimmt allerdings häufig genauso wie der Mehrwert ihrer "wissenschaftlichen" (im Kontrast zu einer nicht-wissenschaftlichen) Experten-Analyse.

In diesem Empiriepraktikum soll anhand eigenständiger Recherchen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer untersucht werden, ob und wenn ja wie sich die wissenschaftliche Expertise der IB bzw. der Friedensforschung gegenüber anderen Expertisen auszeichnet. Hierzu werden in einem ersten Teil einschlägige theoretische Texte zum Verhältnis von Wissenschaft und Praxis, zur Rolle von Experten und Medien im öffentlichen Diskurs moderner Wissensgesellschaften diskutiert. Im Zentrum des Empiriepraktikums stehen sodann in weiteren Schritten die gemeinsame Entwicklung eines angemessenen Forschungsdesigns zur eingehenden Analyse ausgewählter Experten und die Erstellung detaillierter Fallstudien zu diesen Experten.

Die Teilnehmerzahl ist auf maximal 35 Studierende begrenzt. Interessenten melden sich persönlich im Rahmen einer Vorbesprechung an, bei der bereits erste Aufgaben vergeben werden. Als alternative Termine für Vorbesprechung und Anmeldung stehen Donnerstag, 14. Februar 2002 sowie Mittwoch, 26. Februar 2002 zur Auswahl. Hinweise zum Raum finden sich jeweils an meiner Bürotür (Zi. 1830) bzw. im Sekretariat (Zi. 1828, Tel. 798-22667). Bitte beachten Sie, daß dieses Empiriepraktikum mit beiden Teilen im Sommersemester stattfindet. In der ersten Semesterwoche des Wintersemesters 2002/03 findet eine abschließende Blockveranstaltung im Kleinwalsertal statt. Die Teilnahme an dieser Blockveranstaltung ist Voraussetzung zum Erwerb eines Leistungsnachweises.

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Literatur zu ersten Orientierung:
Bauman, Zygmunt 1995: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, Frankfurt am Main (vor allem Kap. 6).
Fischer, Frank/Forrester, John (Ed.) 1993: The Argumentative Turn in Policy Analysis an Planning, Durham/London.
Nennen, Heinz-Ulrich /Garbe, Detlef (Hrsg.) 1996: Das Expertendilemma. Zur Rolle wissenschaftlicher Gutachter in der öffentlichen Meinungsbildung, Berlin, Heidelberg, New York.
Nincic, Miroslav/Lepgold, Joseph (Ed.) 2000 : Being Useful. Policy Relevance and International Relations Theory, Ann Arbor.
Weingart, Peter 2001: Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft, Weilerswist.