Lehre

Vergangene Lehrveranstaltungen 2012


Wintersemester 2012/2013

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Sommersemester 2012


Gunther Hellmann

"Klassiker" der internationalen Beziehungen (GP4, W LA1-5, PW-BA-P2, PW-BA-SP)
Jede wissenschaftliche Disziplin entwickelt über Zeit einen (sich verändernden) Kernbestand an wissenschaftlichen Texten, die für die Disziplin als Ganzes prägend werden. Dies gilt auch für die "Internationalen Beziehungen" (IB) als politikwissenschaftliche Teildisziplin. In diesem Seminar soll die Teildisziplin IB anhand ausgewählter Texte (Aufsätze bzw. Auszüge aus Monographien) solcher Fachvertreter vorgestellt werden, die gemeinhin als besonders einflussreich gelten. Da es sich hierbei insbesondere um englischsprachige Texte handelt und die Struktur der Veranstaltung im Wesentlichen aus gemeinsamer Lektüre bestehen wird, ist die Bereitschaft und Fähigkeit zur Lektüre solcher Texte eine unabdingbare Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss.

Der in diesem Seminar gewählte Zugriff unterscheidet sich von einer typischen „Einführung" in die IB wie sie sich etwa in gängigen Lehrbüchern findet und ist kein Ersatz für eine solche „Einführung" (zwei besonders gelungene deutschsprachige „Einführungen", die das Fach über seine Theorien bzw. seine Gegenstände vorstellen, sind von Gert Krell, einem früheren Frankfurter Kollegen (mit-) verfasst worden, vgl. Gert Krell, Weltbilder und Weltordnung. Einführung in die Theorie der Internationalen Beziehungen Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2004 sowie Manfred Knapp, Gert Krell (Hrsg.), Einführung in die Internationale Politik, München: Oldenbourg 2003). Eine Einführung durch ausgewählte Originaltexte im Kontrast zu einer Einführung im Sinne eines Überblicks lässt sich vielleicht am besten durch eine Analogie mit zwei Arten des Erlernens des Schwimmens vergleichen: man kann „einfach ins Wasser springen" (d.h. gleich bei den schwierige(re)n Originaltexten anfangen) oder zunächst einen Schwimmkurs (Einführungskurs) belegen. Aber selbst wenn Sie sich für den „Sprung ins Wasser" als 1. Schritt entscheiden, heißt das nicht, dass Sie nicht durch einen anschließend absolvierten Schwimmkurs weitere wichtige Dinge lernen.

Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik (GP4, G LA1-5, L-POWI-P2, L-GW-G2-P, PW-BA-P2, PW-BA-SP)

Seit sich im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts der deutsche Nationalstaat inmitten des europäischen Kontinents herausgebildet hatte, stellte die Gestaltung seiner Außen- und Sicherheitspolitik eine Herausforderung für die Deutschen und ihre Nachbarn dar. Zur Bilanz deutscher Außenpolitik gehören dabei vor allem zwei verheerende Weltkriege, aber auch wichtige Beiträge zur "Entspannung" zwischen "Ost" und "West" (wie in den 1970er und 1980er Jahren) und zur Neuordnung Europas nach dem Umbruch 1989/90.

Diese Veranstaltung ist als Einführung in die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik konzipiert. Ihr Ziel besteht darin, Grundlinien und zentrale Probleme anhand gängiger Theorien und Analyseinstrumentarien der Außenpolitikforschung vorzustellen und so einen problemorientierten Überblick zu vermitteln. Da ein wesentlicher Teil dieses Seminars aus einer einwöchigen Exkursion nach Berlin vom 27. Juni bis 1. Juli 2011 besteht, die in Kooperation mit der Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation in Straussberg durchgeführt wird, ist die Zahl der Teilnehmer auf  maximal 30 begrenzt. Anmeldungen können bereits vor Beginn des Sommersemesters im Sekretariat von Irene Opaterny, AfE-Turm, 18. Stock eingereicht werden.

Foreign Policy Theory (in engl. Sprache) (HP, PW-BA-SP, PW-MA-5, PW-MA-7, IS-MA-1, L-POWI-VP2, W LA1-5)

In the second half of the past century International Relations (IR) theorizing has bifurcated into what is sometimes called "systemic" (or "IR") theory on the one hand and "sub-systemic" (or "foreign policy") theory on the other. Although the two are obviously related theorists often seem(ed) to assume that different theoretical tools were needed in order to properly address structures and processes in the international system of states in contrast to such structures and processes at the level of the state. This seminar will take a closer look at prominent examples from the wealth of theoretical approaches to the analysis of foreign policy. It will pay special attention to the question how the link between foreign policy and international ("systemic") structures and processes is conceptualized and to what extent (and based on what criteria) different ways of theorizing foreign policy can convince. One of the likely effects of such a comparative perspective at prominent ways of theorizing foreign policy will be to undermine the disciplinary line-up of IR theory versus foreign policy theory as well as the corresponding division of labor among theorists.

This course will be taught as a joint reading and discussion seminar. Students ought to be willing and able to discuss sophisticated theoretical works in English. The equivalent of an introductory course to IR (theory) should have been taken in prior semesters. In addition solid knowledge of key theoretical concepts is required.

Kolloquium für Examenskandidatinnen- und kandidaten zu ausgewählten Problemen der IB (KO, W LA 1-5, PW-MA-9, IS-MA-8)

Daniel Jacobi, Friederike Kuntz

Zum sozialen Aufbau von Wirklichkeit: Elemente einer Wissenssoziologie der Internationalen Beziehungen  (HA, HP, HS, PW-BA-SP, SOZ-BA-S2, SOZ-BA-ST, SOZ-BA-T, SOZ-BA-SP, PW-MA-5, PW-MA-7, SOZ-MA-5, PT-MA-4, PT-MA-5a, IS-MA-1, IS-MA-2, L-POWI-VP2, L-POWI-VS2, W LA1-5)

Die „soziale Konstruktion der Wirklichkeit“ ist inzwischen zu einem etabliertem Topos im Hauptstrom der Sozialwissenschaften im Allgemeinen sowie der Internationalen Beziehungen (IB) im Besonderen geworden. Nicht wenige Arbeiten der IB eröffnen ihre Argumentation zudem inzwischen mit einem Verweis auf die mutmaßlichen Urväter der sozialen Konstruktion aller sozialer Realität(en): Die Soziologen Peter L. Berger und Thomas Luckmann.

Die mittlerweile inflationäre, „weite“ Zitationsweise dieser üblichen Verdächtigen, ohne jeglichen Hinweis auf konkrete Textstellen samt einer oft zumindest fragwürdigen Kontextualisierung, lässt einstweilen auch in den IB einen Verdacht aufkommen, welcher bereits einigen Soziologen das „Unbehagen verursacht [, dass] mancher Student […] nicht den Text, sondern nur den Titel [kennt und] dahinter einen einzigen Autor (oder eine Autorin) mit dem Doppelnamen Berger-Luckmann [vermutet]“  (H.J. Helle).

Tatsächlich beschränkt sich die Rezeption der neueren wissenssoziologischen Forschung selbst dort wo Berger/ Luckmann nicht direkt als „soziologischer U-Turn“ der IB abgetan werden (C. Weller), in auffallender Weise auf deren ersten Entwurf von 1966. Der Umstand, dass dieser in den letzten 40 Jahren die Entwicklung einer neuen wissenssoziologischen Forschung befördert hat, bleibt damit ebenso verdeckt wie die deutliche Ausdifferenzierung der Idee der Social Construction selbst bis hin zur sprachtheoretischen bzw. kommunikativen Wende.

Die Veranstaltung versucht, dieser Schieflage entgegenzuwirken und die Bedeutung der Idee des „sozialen Aufbaus von Wirklichkeit“ für die IB erneut herauszuarbeiten. Ausgehend von einer kurzen Einführung in das Urwerk, werden jene Momente der Social Construction behandelt, die vor allem solchen IB-Theorien zuträglich sein können, die davon ausgehen, dass die Wissenschaft der Internationalen Politik nur noch aus gesellschaftstheoretischer Perspektive möglich ist. Im abschließenden Seminarfazit soll sich dann zeigen, warum das „Versprechen“ der Social Construction noch längst nicht eingelöst wurde und somit weiterhin gilt: „Social constructivism is what IR makes of it“.

Christian Weber

Amerikanisch-chinesische Beziehungen seit dem Ende des Ost-West-Konflikts (HP, PW-BA-SP, PW-MA-5, PW-MA-7, PT-MA-4, IS-MA-2)

Mit dem Ende des Ost-West Konflikts sind die Beziehungen zwischen den USA und China in eine neue Phase eingetreten. Sie sind nicht mehr primär beherrscht von übergreifenden weltpolitischen Erwägungen, die sich entweder auf den europäischen Imperialismus bezogen oder sich in eine Konstellation konkurrierender ideologischer Blöcke eingeordnet hatten. Das Verhältnis, wie es sich seit 1990 zwischen beiden Staaten entwickelt, ist sowohl geprägt von wachsender wechselseitiger Abhängigkeit in den Wirtschaftsbeziehungen als auch von grundlegenden Differenzen in völkerrechtlichen Fragen. Regierungen in Washington und Peking haben zu unterschiedlichen Zeitpunkten sowohl ihre Freundschaft bekundet und eine „strategische Partnerschaft“ beider Länder in Aussicht gestellt, als auch tiefes Misstrauen über die Absichten des jeweils anderen zum Ausdruck gebracht und dessen Verhalten öffentlich vehement kritisiert. Ein einheitliches Muster von Freundschaft, Rivalität oder Feindschaft zeichnet sich bislang nicht ab. Im Seminar werden wir deshalb zwischen vier verschiedenen Problemfeldern amerikanisch-chinesischer Beziehungen unterscheiden, die gemeinhin mit den Oberbegriffen regionale Sicherheit, Völkerrecht, Menschenrechte und Wirtschaftsbeziehungen bezeichnet werden. In jedem dieser Problemfelder werden wir uns mit einem prominenten Konflikt zwischen beiden Ländern beschäftigen, indem wir jeweils eine amerikanische und eine chinesische Lesart diskutieren. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion von Einzelfällen werden wir dann in den letzten drei Sitzungen konkurrierende theoretische Deutungen vergleichen und die darin formulierten Szenarien für die zukünftige Entwicklung amerikanisch-chinesischer Beziehungen kritisch prüfen. Da der überwiegende Teil der Literatur in englischer Sprache verfasst ist, müssen dementsprechende Grundkenntnisse vorausgesetzt werden sowie die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Texte vorhanden sein.