Christoph Rasemann, M.A.

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VITA

seit 08/2019 Doktorand am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität sowie am Institut für Sozialforschung in Frankfurt

04/2014 – 01/2019   Masterstudium der Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt

10/2013 – 10/2017 Masterstudium der Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt

01 – 05/2015 ERASMUS-Semester am University College in Dublin

10/2010 – 01/2014  Studium der Politikwissenschaft und Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt

Arbeitsgebiete:

  • Sozialtheorie (insb. Kritische Theorie)
  • Kultursoziologie
  • Arbeitssoziologie
  • Soziologie sozialer Ungleichheit
  • Soziologie intimer Nahbeziehungen (Freundschaft und Liebe)
  • Qualitative Sozialforschung

Promotionsprojekt:
Paradoxien sozialer Wertschätzung in einer Kultur der Selbstverwirklichung – Erwerbsarbeit, Identität und Anerkennung in der Spätmoderne

Dass moderne Gesellschaften 'Arbeitsgesellschaften' sind, in denen der einkommensgenerierenden Erwerbsarbeit eine herausragende Stellung zukommt, ist eine Diagnose, die so alt ist wie die Soziologie selbst. Sie wurde von Karl Marx, Max Weber und Émile Durkheim auf je eigene Weise ausbuchstabiert. Entgegen mancher Diagnose vom 'Ende der Arbeitsgesellschaft' stellt die Erwerbsarbeit auch in der späten Moderne eine Ressource von eminenter Bedeutung dar, die nicht nur zur Einkommenssicherung, sondern auch zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer sozial wertgeschätzten Identität elementar ist. Die Anerkennungsordnung der Gesellschaft ist in diesem Sinne weiterhin eng verwoben mit dem System der beruflich strukturieren Arbeitsteilung. Jedoch erhalten keineswegs alle Tätigkeiten in dieser die gleiche soziale Wertschätzung. Diese wirkt vielmehr differenzierend, indem sie soziale Wertschätzung anhand kulturell etablierter Prinzipien und Vorstellungen von der 'Wertigkeit' bestimmter Tätigkeiten unterschiedlich verteilt. Die berufliche Identität, die einem zuschreibt, wer man ist, geht damit immer auch schon mit Zuschreibungen von 'Wert' einher. Soziale Wertschätzung stellt in diesem Sinne eine zentrale Dimension gesellschaftlicher Hierarchisierung dar. Wie diese jedoch funktioniert und auf welche Weise die Erwerbsarbeit damit zur Basis der sozialen Identität wird, ist historisch voraussetzungsvoll und in konstanter Veränderung begriffen. So sprechen zeitdiagnostische Befunde dafür, dass dieses Verhältnis in der Spätmoderne ein anderes ist, als es in der 'organisierten' Moderne der Fall war.

Das Ziel des Forschungsprojektes ist es, dieses Verhältnis für die Spätmoderne sozialtheoretisch informiert und empirisch gesättigt herauszuarbeiten. Ein Schwerpunkt wird es sein, den oftmals konstatierten soziokulturellen Wandel, der die individuelle Selbstverwirklichung in den Mittelpunkt der Lebensführung gerückt hat, mit der ebenso vielzitierten Polarisierung der Sozialstruktur in Verbindung zu setzen. In diesem Sinne gilt es zu Fragen, was es für die symbolische Struktur sozialer Ungleichheit in der Gesellschaft bedeutet, wenn die 'erfolgreiche Selbstverwirklichung' zum Maßstab gelungener Lebensführung, nicht zuletzt im Bereich der Erwerbsarbeit, wird.

Das Projekt fragt in diesem Sinne danach, wie sich die identitäts- und anerkennungsrelevanten Aspekte der Erwerbsarbeit in das Selbstverständnis und das Weltbild verschiedener sozialer Gruppen einschreibt, Gruppenzugehörigkeiten markiert und Abwertungs- bzw. Missachtungserfahrungen hervorbringt. Hierbei soll durch eine interviewbasierte, qualitativ-empirische Untersuchung überprüft werden, ob und in welcher Form diese Erfahrungen aus der Teilnehmerperspektive stichhaltig nachgewiesen werden können und inwiefern man in diesem Sinne von einer "Krise der Anerkennung" (A. Reckwitz) als einem zentralen Charakteristikum gegenwärtiger Gesellschaften sprechen kann.

Hierbei soll an die Anerkennungstheorie Axel Honneths und Pierre Bourdieus sowie an das am Frankfurter Institut für Sozialforschung entwickelte Konzept Normativer Paradoxien angeschlossen werden, um diese für die empirische Untersuchung sozialer Wertschätzung in der Spätmoderne fruchtbar zu machen.