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11.07.2023 13:33

Umweltsoziologische Lehre unterwegs: Das Wandern als Seminarformat erproben

Wander-Seminar

Das Seminar „Umweltsoziologisches Wandern“ hatte zum Ziel das Wandern als ein Seminarformat zu erproben. In zwei vorbereitenden Blöcken haben wir unseren umweltsoziologischen und mobilitätstheoretischen Blick geschärft, als auch in interaktiven Arbeitsphasen die Durchführung der 2-Tages-Wanderung konkret geplant.

Mit insgesamt zwölf Studierenden aus der Soziologie, Politikwissenschaft, Gender Studies, Physischen Geographie und Umweltwissenschaft ging die Wanderung am 6. Juli in Oberursel los. Wir kauften noch für das Abendessen ein, da wir auf einer Selbstversorger-Hütte nächtigten und wussten, dass es in der Nähe keinen Supermarkt gibt – nur „die Tanke“ bei der wir nicht sicher waren, was man dort besorgen kann. Von der Hohemark ging es zunächst in Richtung „Sandplacken“, wo wir die erste Rast machten. Auf dem Weg sahen Studierende ein Reh, welches den Impuls für den ersten Kurzvortrag brachte, nämlich zum Thema „Jagd“ (Maximilian Hofmann). Es war die Aufgabe während der Wanderung auf solche „Impulse“ zu achten, welche den Anreiz für ein kurzes Referat lieferten. Jede*r Studierende konnte ein Thema wählen von dem wir ausgingen, dass es uns auf der Wanderung begegnet. Auf der restlichen Strecke bis zur „Brombacher Hütte“, das Ziel des ersten Tages, durften wir noch etwas zu Freizeitaktivitäten (Lennart Nickel) und konkret zum Radtourismus hören, als auch zum Thema „Baumkommunikation“ (Lara Missal) und dem Myzel-Netzwerk, welches dazu beiträgt. Angekommen auf der Hütte wurden wir abends von den Hausgeistern, den Siebenschläfern, begrüßt, welche einen weiteren Impuls auslösten über die Ko-Habitation (Markus Rudolfi) von Mensch und Tier, sowie deren symbolischen Deutung als „Glücksbringer“ oder auch als „schlechtes Omen“. Bei einem Lagerfeuer ließen wir den ersten Tag ausklingen.

Am nächsten Tag wurde es deutlich wärmer, was wir bereits beim Frühstück auf der Terrasse merkten. Wir starteten um 10 Uhr, nachdem wir die Hütte aufgeräumt und gereinigt haben, um die längere Strecke der Wanderung mit 9 verbleibenden Impulsvorträgen anzutreten. Beim ersten schattigen Platz nach einer kürzeren Strecke entlang einer Wiese, gab es den ersten Impuls des Tages mit der Frage „Was fehlt?“. Es ging um die kaum vorhandenen Insekten (Alex Gütter) auf den Wiesen und vor allem der Bienen und Hummeln, welche wichtige Bestäuber für unsere Wiesen und Wälder sind. Nach einem weiteren kurzen Streckenabschnitt und vorbei an einer der wenigen Sitzbänke, wurde diese direkt als Impuls zu der Geschichte und dem Design von Sitzbänken (Elias Hoffmeister) genutzt. Nicht lange danach protestierte der uns begleitende Hund aufgrund der Hitze, was wir zum Anlass nahmen für gleich drei Impulsvorträge. Zuerst wurden wir über die uneinheitliche Beschilderung (Julia Nowak) von Wanderwegen aufgeklärt und dass es unterschiedliche Standards hierzu gibt. Die nächsten beiden Impulse gaben uns spannende Einsichten über die Definitionen und Einflüsse des Wetters (Jennifer Sommer) und des Klimas, die unsere Wanderung prägten (Wolken gab es am zweiten Tag keine!), und speziell noch über das Mikroklima (Medina Halbich) im Taunus, die Rolle der Wälder und einen kurzen geomorphologischen Abriss der Region. Der Hund hatte sich erholt und wir konnten weiterlaufen. Glücklicherweise gab es viel schattige Abschnitte im Wald und bis zu ersten kurzen Rast am Freilichtmuseum „Hessenpark“ nach ungefähr 10km, hörten wir noch einen Impuls zur Frage wie ein Wald zu einem „Privatwald“ (Victoria Reimelt) wird. Wieder etwas Energie getankt, setzten wir unsere Wanderung bis zum eigentlichen Rastplatz am Römerkastell Saalburg fort. Die kleine Wasserpfütze, die der Hund nutzte um sich abzukühlen, gab einen weiteren Impuls zum Thema „Pilgern“ (Philip Riemer), dessen Unterscheidung vom Wandern, sowie der Diagnose, dass „Pilgern“ mittlerweile auch dem Tourismus „verfallen“ sei. Die Nachmittagshitze machte den Weg bis zur Saalburg etwas beschwerlich, wir freuten uns aber auf die Einkehr in der Gaststätte. Nachdem alle wieder gut versorgt waren, gab es schließlich die letzten beiden Impulsvorträge zu den Themen „Gruppendynamik“ (Alicia Böhm) und speziell zur „Wandergruppe“ (Philipp Zimmermann), wozu wir in Georg Simmels „Raumsoziologie“ fündig werden können. Nun hatten wir nur noch die letzte Etappe mit ca. 8 km bis nach Friedrichsdorf vor uns, wo unser Wander-Seminar endete. Die Strecke ging stetig bergab und wir kamen allesamt müde aber wohlauf am Bahnhof in Friedrichsdorf an, wo wir um 18 Uhr die Bahn nach Frankfurt nehmen konnten.  

Zum Abschluss wird unser Seminar in einem letzten Block über die Wanderung als Seminarformat und über die Inhalte reflektieren. Wir werden uns vor allem der Frage stellen, ob dieses Format in der umweltsoziologischen Lehre weiter etabliert werden und vielleicht als „Impuls“ für weitere Wander-Seminare dienen kann.