Auch
im Sommersemester 2023 absolvierte wieder eine Gruppe besonders
motivierter Studierender unser Forschungspraktikum zu Qualitative
Comparative Analysis (QCA). Dieser Kurs bietet
tiefe Einblicke in eine innovative Methode, welche als systematischste
Form des Fallvergleichs angesehen werden kann. QCA basiert auf
mengentheoretischen Prinzipien und ermöglicht es, notwendige und/oder
hinreichende Erklärungsfaktoren (oder verschiedene Kombinationen
davon) für bestimmte Ergebnisse zu identifizieren.
Geleitet
wird dieses Format von Claudius Wagemann, welcher selbst entscheidend
an der Weiterentwicklung und Etablierung dieser mittlerweile weit
verbreiteten Methode beteiligt war.
Unterstützt wurde er in diesem Semester von den QCA- und R-affinen
studentischen Mitarbeitern Christopher Hain und Philipp Schemm. Während
Prof. Wagemann seine theoretische Expertise vermittelte, half
Christopher in den praxisorientierten „Lab Sessions“ bei
der Vorstellung des R-Codes. Philipp wiederum nutzte seine Kenntnisse,
um den Studierenden bei jeglichen aufkommenden Problemen mit der
Programmiersprache R beiseitezustehen.
Wie immer war es das Ziel dieser Veranstaltung, die Studierenden selbst zu Experten in diesem Bereich auszubilden und ihnen die fundierte Anwendung dieser vielseitigen Methode zu ermöglichen.
Auch 2022 stand wieder das jährliche Treffen zum Abschluss des zweiten Projektjahres des ProDem-Projekts an, welches die Interaktion von Bürgern, Protestbewegungen und Bewegungsparteien in europäischen Demokratien beleuchtet. Im Europäischen Parlament in Brüssel hatten wir die Gelegenheit, uns mit Akteur*innen aus Forschung und Politik sowie Vertreter*innen diverser NGOs über die im vergangenen Jahr gewonnen Erkenntnisse und den erarbeiteten Bericht auszutauschen. Dieser stellt dar, wie die EU und nationale Regierungen sowie soziale Bewegungen ihren Beitrag dazu leisten können, Partizipation zu fördern – in einem Europa, dessen Bürger*innen zunehmend unzufrieden mit einer Demokratie sind, an die sie nicht länger voll glauben. Gerade Frauen und einkommensschwache Schichten sind hiervon besonders betroffen.
Nach Keynote Speeches der Vizepräsidentin des Europaparlaments Katarina Barley und der Abgeordneten Daniel Freund und Nicolae Ștefănuță entwickelte sich eine angeregte Diskussion über mögliche Synergieeffekte im Austausch von Forschung, Politik und sozialem Engagement.
Während des Progress-Meetings des ProDem-Projektverbunds am
nächsten Morgen wurden dann die Vorhaben für das letzte Förderungsjahr
besprochen. Das Frankfurter Team wurde durch Anna Anlauft, Daria Glukhova, Lex
Metzeld und Claudius Wagemann vertreten.
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Positionen zum Mindestlohn; Quelle: Bender, Benedikt (2020): Politisch-ökonomische Konfliktlinien im sich wandelnden Wohlfahrtsstaat. Positionierung deutscher Interessenverbände von 2000 bis 2014. Wiesbaden: Springer-VS, Seite 242. |
Im Fokus des von Dr. Benedikt Bender erstellten Datensatzes „Reform-Monitor politischer Konflikte“ (ReMoPo) steht die Frage nach veränderten politischen Konfliktlinien von organisierten Interessen. Welche Positionen haben Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und politische Parteien in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Familienpolitik? Wie positionieren sie sich zum Kündigungsschutz, befristeter Beschäftigung, zum Arbeitslosengeld, Mindestlohn, KITA-Infrastruktur oder zum Elterngeld? Können Veränderungen über die Zeit und /oder Variationen innerhalb der Organisationen gezeigt werden, und wie stark unterscheiden sich die Positionen zu politischen Parteien? Ändern die Organisationen ihre Positionen in Krisenzeiten, wie der Wirtschafts- und Finanzkrise oder der Corona-Pandemie?
Um diese Fragen empirisch zu beantworten, werden Pressemitteilungen analysiert und Experteninterviews geführt. Der ReMoPo-Datensatz beginnt im Jahr 2000 und beinhaltet aktuell sieben Arbeitgeberverbände, sechs Gewerkschaften und sieben Parteien. Der Datensatz wird von Dr. Bender und seinem Team in Lehre und Forschung verwendet, sowie von unseren Studierenden für Haus- und Abschlussarbeiten.
Zusammenfassend lässt sich aus den bisherigen Analysen sagen, dass die Unterstützung zur wohlfahrtsstaatlichen Politik je nach Thema variiert und sich ändern kann, wenn sich die Kontexte ändern. Es kann zum Beispiel nicht gezeigt werden, dass Arbeitgeberverbände generell gegen wohlfahrtsstaatlichen Ausbau votieren, genauso wie Gewerkschaften nicht notwendiger Weise den Ausbau befürworten. Rein ideologische Faktoren der Organisationstypen an sich (Arbeit/Kapital; Links/Rechts) stellen daher keine ausreichenden Faktoren dar, um die Positionen zu erklären. Es handelt sich eher um pragmatische Erklärungsfaktoren, wie zum Beispiel, inwieweit die Mitgliedsorganisationen, bzw. deren Mitglieder von den Reformen profitieren.
Perspektivisch soll der Datensatz in zwei Richtungen erweitert werden: Zum einen sollen die Positionen der Akutere im EU-Ländervergleich analysiert werden, und zum anderen soll auch ein Schwerpunkt auf den deutschen Bundesländern liegen.